Hamburg startet Qualifizierungsproramm „Bildungsfachkräfte“ für Menschen mit Behinderungen

Auf Initiative der Hamburger Senatskoordinatorin für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen startet an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW) am 11. November ein Qualifizierungsprogramm für Menschen mit Behinderungen. Das innovative Inklusionsprojekt „Bildungsfachkräfte“ macht diese zu Botschafterinnen und Botschaftern für Inklusion.

Acht Personen, die bisher in Werkstätten für behinderte Menschen tätig waren oder einen Anspruch darauf hätten, lernen in einem dreijährigen Vollzeit-Qualifizierungsprogramm, wie sie Studierenden sowie Lehr-, Fach- und Führungskräften praktisches Wissen über Inklusion vermitteln. Nach erfolgreichem Qualifizierungsabschluss ist beabsichtigt, die Absolventinnen und Absolventen dauerhaft an der HAW Hamburg sozialversicherungspflichtig zu beschäftigen. Das Projekt wird u. a. aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF Plus) gefördert.

Wissenschafts- und Gleichstellungssenatorin Katharina Fegebank: Als Wissenschafts- und Gleichstellungssenatorin freue ich mich doppelt über den Beginn des Pilotprojekts „Bildungsfachkräfte“ an der HAW Hamburg: Das Qualifizierungsprogramm ist ein wichtiges Zeichen der Inklusion und ein echter Gewinn für unseren Wissenschaftsstandort. Ich wünsche den acht Teilnehmenden einen tollen Start!“

Senatskoordinatorin für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen Ulrike Kloiber: „Das Vorhaben ist ein Meilenstein auf dem Weg zu einer inklusiven Hochschule in Hamburg. Lehre und Forschung müssen in Hinblick auf die Zusammensetzung der Akteure, der Planung und Innovation noch deutlich inklusiver werden. Hamburg steht, wie anderswo auch, vor immensen gesellschaftlichen Herausforderungen. Wir brauchen Fachkräfte und Führungskräfte, die durch ihr Studium befähigt werden, inklusive Antworten auf gesellschaftliche Fragen z. B. in der Stadtplanung, der Mobilität und Digitalisierung zu entwickeln.“

Prof. Dr. Ute Lohrentz, Präsidentin der HAW Hamburg: „In dem Projekt „Hochschulbildung inklusiv“ pilotieren wir die Zusammenarbeit von Studierenden, Lehrenden und sogenannten Bildungsfachkräften, um die Diversity- und Inklusionskompetenz unserer Studierenden und auch Lehrenden zu erweitern. Zugleich bekommen Menschen eine Chance auf Beschäftigung an der Hochschule und Einfluss auf Lehre und Forschung, die bislang systematisch davon ausgeschlossen gewesen sind. Ich bin sicher: Dieses Projekt wird einen sehr positiven und prägenden Einfluss auf unsere Hochschulkultur haben und unsere Studierenden zu kompetenten Fach- und Führungskräften für eine Arbeitswelt entwickeln, die Menschen mit Behinderungen integriert.“

Geschäftsführer der Hamburger Arbeitsassistenz Achim Ciolek: „Als Fachdienst für die berufliche Integration von Menschen mit Behinderung freuen wir uns sehr über die vielversprechende Qualifizierung von acht Menschen mit Lernschwierigkeiten mit dem Ziel, die zukünftigen Bildungsfachkräfte in sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse zu überführen. Spannend, weil für diese Qualifikation und das Berufsfeld die behinderungsbedingten Erfahrungen eine Voraussetzung sind und nicht – wie viel zu oft – ein Hinderungsgrund. Spannend ist es aber auch, die Perspektive Hochschule inklusiver zu gestalten und Studierende besser zu befähigen, in ihrem nachfolgendem Beruf inklusiver Denken und Gestalten zu können.“

Über das Projekt
Im Wintersemester 2024/25 startet an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW) das Projekt „Hochschulbildung inklusiv“. Acht Personen, die bisher in Werkstätten für behinderte Menschen tätig waren oder den Anspruch darauf hätten, lernen in einem dreijährigen Vollzeit-Qualifizierungsprogramm, wie sie Studierenden sowie Lehr-, Fach- und Führungskräften aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen praktisches Wissen über Inklusion vermitteln. Nach erfolgreichem Qualifizierungsabschluss ist beabsichtigt, die Absolventen dauerhaft an der HAW sozialversicherungspflichtig zu beschäftigen.

Ermöglicht wird das Projekt durch eine Kooperation zwischen der HAW Hamburg und der Hamburger Arbeitsassistenz (HAA), die in den Räumen der Hochschule die Qualifizierung als Bildungsträger durchführen und begleiten wird. Fachlich beraten wird das Team durch das Institut für Inklusive Bildung an der Universität Kiel (IIB), die das Konzept der Bildungsfachkräfte entwickelt und bereits erfolgreich mehrere Bundesländer mit ihrer Expertise bei einer Implementierung unterstützt hat. An der HAW Hamburg sammeln die angehenden Bildungsfachkräfte Praxiserfahrungen, die Hochschule begleitet die Qualifizierung wissenschaftlich und koordiniert die Zusammenarbeit der verschiedenen Akteurinnen und Akteure. Gefördert wird das Projekt u. a. durch die Stiftung Innovation in der Hochschullehre, durch die Aktion Mensch Stiftung sowie den Europäischen Sozialfonds (ESF Plus).

Hintergrund
Menschen mit intellektuellen Beeinträchtigungen haben bislang in der tertiären Bildung kaum Zugangsmöglichkeiten und Verwirklichungschancen. Wenn jedoch Menschen mit Behinderungen in der Hochschulwelt präsent und an der Ausbildung von zukünftigen Fachkräften beteiligt sind, können Barrieren in den Köpfen von Menschen ohne Behinderungen abgebaut und die Voraussetzungen für eine inklusivere Gesellschaft auf allen Ebenen geschaffen werden.

Bundesweite Erfahrungen der beteiligten Hochschulen zeigen, dass die innovativen Bildungsleistungen die Praxisqualität der Aus- und Weiterbildung steigern und erheblich zur Bewusstseinsbildung zukünftiger Lehr-, Fach- und Führungskräfte beitragen. Als erstes Bundesland hat Schleswig-Holstein erfolgreich ein Modellprojekt an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel initiiert und mittlerweile in die Verstetigung überführt. Zu diesem Zweck ist an der Hochschule ein Institut für Inklusive Bildung entstanden, dessen Zweck es ist, Menschen mit Behinderungen in die Gemeinschaft von Lernenden, Lehrenden und Forschenden strukturell einzubeziehen.