Gehörlose Menschen haben auch an Hamburger Bildungseinrichtungen viel Unrecht erlitten – vor allem durch das mit Gewalt durchgesetzte Verbot von Gebärden und den Zwang zur Lautsprache. Dies haben Betroffene in einer simultan gebärdengedolmetschten Sitzung des Sozialausschusses eindrücklich geschildert. Mit einem gemeinsamen interfraktionellen Antrag erkennen die Fraktionen von SPD, CDU, Grünen und Linken das erlittene Unrecht an und setzen sich für die Einrichtung eines Entschädigungsfonds auf Bundesebene sowie für landesrechtliche Erleichterungen bei der Leistungsgewährung ein (siehe Anlage). Zudem bringen die Fraktionen eine wissenschaftliche Aufarbeitung des Umgangs mit gehörlosen Menschen in den Hamburger Bildungseinrichtungen auf den Weg. Über den interfraktionellen Antrag stimmt die Hamburgische Bürgerschaft in ihrer heutigen Sitzung ab.

Dazu Regina Jäck, Sprecherin für Menschen mit Behinderung der SPD-Fraktion Hamburg: „Gehörlosen Menschen ist lange Zeit verboten worden, ihre Gebärdensprache zu nutzen. Sie wurden dafür bestraft, auf ihre Weise zu kommunizieren und so in Kontakt mit der Welt zu treten. Sprache bedeutet Identität, auch Chancen auf eine gute Bildung. Den Betroffenen ist dies auf grausame Art verwehrt worden. Sie haben viel Leid erfahren. Auch Hamburger Bildungseinrichtungen haben hier Schuld auf sich geladen. Der Sozialausschuss der Bürgerschaft hat auf Bitten der Betroffenen im Rahmen einer gebärdengedolmetschten Sitzung für sie einen öffentlichen Raum geschaffen, um über ihre schlimmen Erfahrungen zu sprechen. Es folgt nun ein zweiter, sehr wichtiger und notwendiger Schritt für die Anerkennung von Leid und Diskriminierung. Die Hamburgische Bürgerschaft bittet die betroffenen gehörlosen Menschen um Verzeihung. Im Weiteren werden wir die damaligen schlimmen Vorgänge an Hamburger Schulen wissenschaftlich unter Einbeziehung der Forschungsperspektive ‚Deaf Studies‘ aufarbeiten lassen. Wir stellen zudem die Weichen für eine deutlich inklusivere Zukunft. So sollen Leistungen der Eingliederungshilfe für gehörlose Menschen künftig leichter zugänglich gemacht werden. Hierzu wird der Senat ersucht, ein tragfähiges Konzept zu entwickeln. Wir werden uns zudem auf Bundesebene für eine finanzielle Anerkennung des Leids der Betroffenen im Rahmen eines Entschädigungsfonds einsetzen. Die Hamburgische Bürgerschaft setzt damit ein wichtiges Zeichen der Wahrnehmung und Wertschätzung gehörloser Menschen.“